Thema

AllesandersnachdemMauerfall

1990

Eine Zeit des Umbruchs

1990 mussten sich die Menschen in Ostdeutschland völlig neu orientieren. Die Einführung der Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie wirkte sich auf viele Lebensbereiche aus. Die Organisation der Gesellschaft veränderte sich tiefgreifend. Auch in Westdeutschland stellten sich verstärkt wirtschaftliche Fragen, gesellschaftliche Reformprojekte rückten in den Hintergrund. In beiden Teilen Berlins veränderte sich der Alltag.

„Plötzlich kann ich fahren, wohin ich will. Wenn ich das Geld habe.“

Sabine Kunz, 2021 (Künstlerin: Die Tanzenden)

Kreuzberger Kinder und Jugendliche verkauften Mauerstücke als Souvenirs, 1990
Kreuzberger Kinder und Jugendliche verkauften Mauerstücke als Souvenirs, 1990
Kreuzberger Kinder und Jugendliche verkauften Mauerstücke als Souvenirs, 1990
Kreuzberger Kinder und Jugendliche verkauften Mauerstücke als Souvenirs, 1990

„Was jetzt kommt, wird nicht einfach. “

Christine Cyrus, 2021 (lebte in Ost-Berlin)

Ost-Berlin: Nichts blieb, wie es war

Mit der Maueröffnung und der Wirtschafts- und Währungsunion 1990 veränderten sich die Lebensbedingungen in der DDR schlagartig. Mieten wurden erhöht, Volkseigene Betriebe privatisiert, viele Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Die bisherige Lebensleistung, darin auch Ausbildung, Kindererziehung und oppositionelles oder künstlerisches Engagement, war nun kaum noch etwas wert, weder finanziell noch sozial. Diese Abwertung traf viele sehr hart und wirkt in einigen Familien bis heute nach. Besonders schwierig war es für Menschen aus dem Ausland, die in der DDR gearbeitet oder studiert hatten. Sie mussten um ihr Bleiberecht kämpfen.

Demonstration gegen Mieterhöhungen in Berlin, 1992
Demonstration gegen Mieterhöhungen in Berlin, 1992
Begegnungen durch die Mauer hindurch, 1989
Begegnungen durch die Mauer hindurch, 1989

Veränderungen in West-Berlin

Einladung zu einer Diskussion in Kreuzberg über die Folgen des Mauerfalls, Aushang von 1990
Einladung zu einer Diskussion in Kreuzberg über die Folgen des Mauerfalls, Aushang von 1990

Auch West-Berlin wandelte sich infolge des Mauerfalls und der Vereinigung. Nachdem die Berlin-Zulage abgeschafft worden war, verkleinerten Unternehmen ihre Produktion oder schlossen gänzlich. Entlassen wurden überproportional viele migrantische Arbeiterinnen und Arbeiter. Viele von ihnen machten sich in der Folge selbständig – mit Bäckereien, Lebensmittelgeschäften oder Kiosken, die bis heute das Stadtbild Berlins prägen.

Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln

Carsten Jost und Ulrike Steglich, Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, 2009 © Stiftung Berliner Mauer, Foto: Günther Schaefer

Der ostdeutsche Theologiestudent Carsten Jost freute sich 1989 über die neuen Freiheiten. Dennoch erlebte er die Veränderungen nicht nur als Glücksmoment. Sein Bild zeigt den Preis, der nach dem Systemwechsel von der kommunistischen Ideologie zur Ideologie des Geldes als Maß aller Dinge zu zahlen sein wird. Der Bildtitel variiert ein Zitat des preußischen Militärs Clausewitz. Jost spielte damit auf die 100 DM Begrüßungsgeld an, die DDR-Bürgerinnen und -Bürger bis Ende Dezember 1989 in der Bundesrepublik erhielten.

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