Thema

AlternativesLebenbiszurRäumung

1991
– 1996

Wohnen im ehemaligen Grenzstreifen

Ab 1991 siedelten sich entlang der East Side Gallery Menschen aus der ganzen Welt in Bauwagen an. Einige wollten nur anders wohnen und gingen von hier zur Arbeit, Ausbildung oder Schule. Sie lebten zusammen mit Aussteigern aus der Gesellschaft, die frei von gesellschaftlichen Normen und in demokratischen Gemeinschaften sein wollten. Es blieben auch Menschen, die auf der Durchreise eine Bleibe in Berlin suchten. Die englische Künstlergruppe mutoid waste company entdeckte die freie Fläche als Werkstatt für alles Mögliche zwischen Kunst und Wagenbau. Zunächst war im ehemaligen Grenzstreifen Platz für jeden.

„Wir nutzten die Mauer als Schutz.“

Rab Lewin, 2021 (Bewohner der Wagenburg)

Wagenburgen entlang der East Side Gallery, 1996
Wagenburgen entlang der East Side Gallery, 1996

Verdrängung

Die unterschiedlichen Gruppen und Menschen fanden zwischen Spree und East Side Gallery nicht den Zusammenhalt, der für Wagenburgen typisch ist. Sie existierten nebeneinander her. Gewalt und Drogenhandel wurden zum Problem. Als der Berliner Senat die Flächen 1996 räumen ließ, mussten sich mehr als 250 Menschen eine neue Bleibe suchen. Heute gibt es in Berlin noch mehr als zehn Wagenburgen.

Die Schnappschüsse des Schotten Rab Lewin ermöglichen einen Blick in die East Side Wagenburg, 1992
Die Schnappschüsse des Schotten Rab Lewin ermöglichen einen Blick in die East Side Wagenburg, 1992

„Wie auf einer Insel…“

Ralf Marsault, 2021 (Bewohner der Wagenburg)

Eine Tür in der Mauer

Die Wagenburg war gut geschützt. Die Spree bot eine natürliche Begrenzung, die 1,3 km lange Mauer verhinderte soziale Kontrolle und unerwünschte Einblicke. Das hatte aber auch Nachteile: Für den Weg hinaus musste man zu einem der weit entfernten Tore in der Mauer gehen. Die Wege wurden kürzer, als ein Bewohner eine Öffnung in die Mauer stemmte. Sie ist heute noch zu sehen, das Gitter wurde später eingesetzt. Mitten in der Stadt schufen sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Wagenburg ihre eigene Welt. Fotograf und Wagenburg-Bewohner Ralf Marsault fotografierte Chris und Ferai so, wie sie selbst gesehen werden wollten.

Blick durch die Mauer, zwischen 1991 und 1996
Blick durch die Mauer, zwischen 1991 und 1996
Blick in eine eigene Welt – selbstbewusst präsentiert
Blick in eine eigene Welt – selbstbewusst präsentiert

Dancing To Freedom

Jolly Kunjappu, Dancing To Freedom, 2009 © Stiftung Berliner Mauer, Foto: Günther Schaefer

Unter dem Eindruck des Endes der Blockkonfrontation und des Kalten Krieges wollte der westdeutsche Künstler Jolly Kunjappu mit seinem Mauerbild von 1990 vor allem eines bekunden: Freude über die Freiheit. Auch im Interview 2021 drückte er seinen Wunsch aus, dass die Menschen friedlich und respektvoll miteinander leben. Die Botschaft seines Bildes Dancing To Freedom: Nie wieder Krieg, nie wieder Mauern, eine vereinte Welt.

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