Thema

TodesopferimGrenzfluss

1961
– 1989

Kreuzberg an der Grenze

Im West-Berliner Stadtteil Kreuzberg gehörte der Anblick der Mauer und der Wassergrenze zum Alltag. Der Uferbereich war für viele ein Freizeitort. Schwimmen jedoch war verboten, da die Spree hier ganz zu Ost-Berlin gehörte. Für Verunglückte oder Helfende bei Unfällen bestand die Gefahr, von DDR-Grenzsoldaten beschossen zu werden. So starben in der Spree nicht nur Flüchtlinge aus Ost-Berlin, sondern auch mindestens sechs Menschen aus West-Berlin. Die Soldaten handelten dabei nicht einheitlich: In einigen Fällen retteten sie Menschen aus dem Fluss und schickten sie zurück nach West-Berlin.

„Ich war mit Oma Entenfüttern und Vopo-Boote beobachten.“

Daniel Kensbock, 2021 (aufgewachsen in West-Berlin )

Das Spreeufer war Freizeitort…
Das Spreeufer war Freizeitort…
…und eine Grenze im Kalten Krieg, an der die US-Armee patrouillierte
…und eine Grenze im Kalten Krieg, an der die US-Armee patrouillierte

Bei der Flucht gestorben

Udo Düllick war der Erste, der in der Nähe der Oberbaumbrücke bei einem Fluchtversuch durch die Spree starb. Von DDR-Grenzsoldaten beschossen, war er schließlich so erschöpft, dass er ertrank. Das war im Oktober 1961. Insgesamt starben mindestens sieben Männer in diesem Abschnitt der Spree beim Versuch, die DDR zu verlassen: 1961 wurde Werner Probst von Grenzsoldaten erschossen, 1962 Anton Walzer, ebenso wie Manfred Weylandt 1972. 1965 ertrank ein unbekannter Flüchtling nahe der ehemaligen Brommybrücke. Philipp Held und Hans-Joachim Zock, von denen nicht bekannt ist, wo sie ins Wasser stiegen, kamen ebenfalls beim Durchschwimmen des Flusses ums Leben. Östlich der Oberbaumbrücke, im Bereich des Osthafens, und westlich, unterhalb der Schillingbrücke, starben weitere zwei Menschen beim Versuch, über die Spree zu fliehen.

Gedenkveranstaltung für Udo Düllick am 9. Oktober 1961 am West-Berliner Ufer
Gedenkveranstaltung für Udo Düllick am 9. Oktober 1961 am West-Berliner Ufer

Kreuzberger Todesopfer

„Es sind Kinder am Ufer ertrunken…“

Birgit Kinder, 2021 (Künstlerin: Test the Rest)

Am West-Berliner Ufer der Spree hielten sich viele Menschen in ihrer Freizeit auf. Gleichzeitig war der Fluss eine tödliche Grenze. Vier Kinder starben hier zwischen 1972 und 1975. Cengaver Katrancı (8 Jahre), Siegfried Kroboth (5 Jahre), Giuseppe Savoca (6 Jahre) und Çetin Mert (5 Jahre) fielen ins Wasser und ertranken. Die DDR-Grenztruppen handelten zu spät und aus West-Berlin traute sich niemand, die Kinder aus dem Grenzgewässer zu retten. Um weitere Unfälle zu verhindern, errichtete der West-Berliner Senat erst 1976 Zäune und eine Notrufsäule. Ein weiterer Junge, Andreas Senk (6 Jahre), starb bereits 1966. Sein Sturz in die Spree war zu spät bemerkt worden.

Im Grenzbereich an der Mühlenstraße verloren mit den West-Berlinern Ulrich Krzemien 1965 und Heinz Müller 1970 auch Menschen ihr Leben, die nicht die Absicht hatten, aus der DDR zu fliehen.

Kinder in der Falkensteinstraße Ecke Oberbaumstraße, 1979
Kinder in der Falkensteinstraße Ecke Oberbaumstraße, 1979
Jugendliche angeln in den 1970er Jahren an der Spree
Jugendliche angeln in den 1970er Jahren an der Spree

Mauerdurchbruch

Sándor Györffy, Mauerdurchbruch, 2009 © Stiftung Berliner Mauer, Foto: Günther Schaefer

Auf dem Bild Mauerdurchbruch von Sándor Györffy fliegen abstrakte geometrische Formen aus zwei Köpfen aufeinander zu. Die Köpfe symbolisieren für den Künstler Ost- und West-Berlin. Der Balken steht für die Berliner Mauer, die durch die Wucht der Sprache durchbrochen wird.

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