Bis 1961: Belebte Mühlenstraße
Die Mühlenstraße war bis zum Bau der Berliner Mauer vor 1961 eine normale Berliner Straße. Hier lebten und arbeiteten Menschen – 1932 sind über 2.300 Haushalte in der Mühlenstraße verzeichnet. Das Bild der Straße war geprägt von zahlreichen Gewerberäumen, Industriebauten sowie Lagerplätzen von kleinen und größeren Firmen, Handwerksbetrieben oder Handelnden, wie in anderen Teilen Friedrichshains und Kreuzbergs. Beide Seiten der Straße waren bebaut, auf der spreeabgewandten Seite lag der Güterbahnhof, mit den weitläufigen Gleisanlagen, Lagerplätzen und Lagerhallen. Auf dieser Seite befanden sich auch ein Standort der Berliner Stadtreinigung und die Anlagen der Osthafenmühle.


1961-1989: Berliner Mauer an der Mühlenstraße
„Eine Straße, wo es kein Leben gab, wo keine Leute wohnten.“
Während des Zweiten Weltkriegs wurden viele Häuser in der Mühlenstraße zerstört. Die kriegsbeschädigten Gebäude wurden nach 1945 abgerissen. Ab dem 13. August 1961 verlief die Berliner Mauer entlang der Mühlenstraße und zerschnitt urbanes Leben. Zäune und behelfsmäßige Sperren verhinderten fortan den Weg zur Spree. Fenster wurden vergittert und Türen versperrt. An der Oberbaumbrücke wurde ein Grenzübergang eingerichtet. Zwischen Mühlenstraße und Spree verlief der Grenzstreifen, den DDR-Grenzsoldaten von Land und Wasser aus bewachten. Trotz der Grenzsituation lebten und arbeiteten weiterhin Menschen in der Mühlenstraße. Das änderte sich, als die DDR den Grenzstreifen weiter ausbaute.
Im Zuge des Ausbaus des Grenzstreifens, der sich zwischen Straße und West-Berliner Ufer befand, ließ die DDR-Regierung bis 1977 alle Gebäude abreißen. Die Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Es entstand ein frei geräumter Grenzstreifen. Als einziges Gebäude im ehemaligen Grenzstreifen blieb der Speicher der Osthafenmühle stehen, zu groß war seine Bedeutung für die Mehlproduktion in der DDR. Die Straße wurden zu einer breiten, mehrspurigen Straße ausgebaut und als „Protokollstrecke“ für Staatsgäste der DDR eröffnet. Der Grenzausbau verwandelte die Mühlenstraße in einen grau und unwirtlich wirkenden Ort – die eine Seite unbelebt, die andere Seite nur mit größeren Anlagen besetzt: dem Güterbahnhof, der Straßenreinigung, einer Tankstelle und der Osthafenmühle. Nichts davon lud ein, sich hier länger aufzuhalten.


„Das war immer ein bisschen gespenstisch in meiner Erinnerung: Wie gesagt, die eine Seite grau und sehr kalt beleuchtet, und auf der anderen Seite, wo wir heute die ganzen sehr, sehr viereckigen Häuser sehen, da stand gar nichts.“