Vertiefung

MauerkunstjetztauchinOst-Berlin

Vor den Augen der DDR-Grenzsoldaten und in aller Öffentlichkeit bemalten Ost-Berliner Künstlerinnen und Künstler die Mauer am Potsdamer Platz, November 1989
Vor den Augen der DDR-Grenzsoldaten und in aller Öffentlichkeit bemalten Ost-Berliner Künstlerinnen und Künstler die Mauer am Potsdamer Platz, November 1989

Im November 1989 bemalten Künstlerinnen und Künstler erstmals die Grenzmauer von Ost-Berlin aus. Der Ost-Berliner Künstler Manfred Butzmann hatte die Anregung dafür gegeben und der Verband Bildender Künstler in der DDR zu der Aktion am Potsdamer Platz eingeladen. Der französische Unternehmer Daniel Boulogne finanzierte die Farben, internationale Medien berichteten, DDR-Grenzsoldaten beobachteten die Malenden. Beteiligt waren u.a. Heike Stephan, Leo Wolf, Hans Mendau und Sylvia Allen-Sianescu.

„Wir haben mit unserer Aktion vorgehabt, Fröhlichkeit an die Mauer zu bringen von unserer Seite. Und wir wollen sie ja auch als Denkmal erhalten. […] Wir wollen es nicht vergessen.“

Sylvia Allen-Sianescu

Im Hintergrund ist die geweißte Grenzmauer am Potsdamer Platz zu sehen, vorne der Protest gegen die Übermalung der Bilder der Künstlerinnen und Künstler, November 1989
Im Hintergrund ist die geweißte Grenzmauer am Potsdamer Platz zu sehen, vorne der Protest gegen die Übermalung der Bilder der Künstlerinnen und Künstler, November 1989

Noch am selben Abend überstrichen Angehörige der Grenztruppen der DDR die Bilder wieder mit weißer Farbe. Das Weißen der Mauer entsprach zwar den Vorschriften der DDR, aber es wirkte in den Tagen nach der Maueröffnung aus der Zeit gefallen. Die anwesenden Journalistinnen und Journalisten berichteten kritisch über das Eingreifen der DDR. Heike Stephan und David Monty nahmen kurze Zeit später den offiziellen Weg: Sie stellten beim Ministerium für Nationale Verteidigung einen Antrag für die Bemalung eines Stückes der Berliner Mauer und bekamen eine Genehmigung. Am 22. Dezember 1989 berichtete das DDR-Fernsehen über das offizielle Projekt zur Bemalung der Berliner Mauer zur Schaffung der längsten Open-Air-Ausstellung der Welt.

Zeitzeugen erinnern sich

Aktion am Potsdamer Platz Video 1
Klaus Freymuth (Regie)

Aktion am Potsdamer Platz Video 4
Klaus Freymuth (Regie)

Aktion am Potsdamer Platz Video 7
Klaus Freymuth (Regie)

Aktion am Potsdamer Platz Video 5
Klaus Freymuth (Regie)

Aktion am Potsdamer Platz Video 6
Klaus Freymuth (Regie)

In Ost-Berlin war es vor 1989 so gut wie unmöglich, die Grenzmauer zu bemalen. Die Mauer wurde engmaschig überwacht, jeder Versuch einer Bemalung hätte zu einer Verhaftung geführt. Dennoch fanden die Menschen andere Wege, gegen die Mauer zu protestieren, etwa durch einen Schriftzug im Schnee wie an der Bernauer Straße im Januar 1962
In Ost-Berlin war es vor 1989 so gut wie unmöglich, die Grenzmauer zu bemalen. Die Mauer wurde engmaschig überwacht, jeder Versuch einer Bemalung hätte zu einer Verhaftung geführt. Dennoch fanden die Menschen andere Wege, gegen die Mauer zu protestieren, etwa durch einen Schriftzug im Schnee wie an der Bernauer Straße im Januar 1962

Zeitzeugen erinnern sich

Mauerkunst und Grenzregiment
Rainer Menzel

Die Eroberung der Mauer durch Graffiti
Erik Mahnkopf und Daniel Kensbock

Erstes Bemalen am Potsdamer Platz
Heike Stephan

Weiterführende Informationen:

Fotos, Videos und Informationen zur Berliner Mauerkunst: https://berliner-mauer.de/kunst

„Mauermalerei und Mauerspechte“ im deutschen Rundfunkarchiv: http://1989.dra.de/themendossiers/politik/mauer/mauermalerei-und-mauerspechte

Interview mit dem Ost-Berliner Grafiker Manfred Butzmann im DDR-Rundfunk, November 1989: https://www.deutschlandfunk.de/die-ostseite-der-mauer-wird-verschoenert-sie-duerfen-jetzt-100.html

Mauerkunst, um Mauerreste zu erhalten – die Kunstaktion neben dem Ministerium für Umweltschutz 1998

Nach der Maueröffnung wurde fast überall in Berlin die Mauer abgebaut. Abgesehen von den Mauerteilen in der Bernauer Straße und an der Niederkirchnerstraße in Berlin-Mitte sowie der East Side Gallery blieben nur einzelne Mauersegmente. Auch sie wurden nach und nach abgerissen. Ende der 1990er Jahre sollte das gleiche mit den Segmenten in der Stresemannstraße nahe des Potsdamer Platzes passieren, um das Grundstück zu bebauen. 1998 lud der Besitzer der Mauersegmente, ein Unternehmer, Künstlerinnen und Künstler ein, die Hinterlandmauer zu bemalen. Durch die Kunst wollte er die Mauerstücke am Originalstandort retten und die Bebauung des Grundstücks verhindern. 13 Künstlerinnen und Künstler beteiligten sich daran, darunter einige, die an der East Side Gallery gemalt hatten: Thierry Noir, Kiddy Citny, Kani Alavi und Birgit Kinder. Trotz der Kunstaktion wurden die Mauerteile abgebaut. Heute befindet sich an dieser Stelle der Erweiterungsbau für das Umweltministerium. Die bemalten Mauerteile stehen im Ministerium.

Die Kunstwerke von 1998 auf der ehemaligen Grenzmauer an der Stresemannstraße, 2002
Die Kunstwerke von 1998 auf der ehemaligen Grenzmauer an der Stresemannstraße, 2002

Dokumentation der Aktion:

Webseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: https://www.bmuv.de/ministerium/ein-haus-mit-bewegter-geschichte

Bericht der Künstlerin Uta Bella Donner: https://ute-bella-donner.weebly.com/bemalung-der-berliner-mauer.html

Fotoauswahl von Birgit Kinder: https://www.birgit-kinder.de/galerie/potsdamer-platz-berliner-mauer-trabi-we-come-together/

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